Demokratie in Gefahr: Was sind die Ideologien, Strategien und Rückzugsorte der radikalen Rechten? In Online-Diskussionsreihen beleuchten wir radikal-rechte Strukturen in verschiedenen Bereichen.
Mit ihrem formellen Bekenntnis zur Demokratie gelingt es radikal rechten Gruppen viel besser, auch in gesellschaftliche Milieus vorzudringen, die klassischen rechtsextremen Positionen ablehnend gegenüberstehen. Zudem ist es der radikalen Rechten durch das geschickte Erschließen neuer Querschnittsthemen gelungen, eine Reihe sozialer Bewegungen, Parteien und Subkulturen aufzubauen oder mitzugestalten, in denen unterschiedliche Themen, Anliegen und Lebensstile mit radikal-rechtem Gedankengut verknüpft werden. Das gibt Anlass für unsere Online-Diskussionsreihen!
Je Einheit wird eine andere Lebenswelt radikal-rechter Akteur:innen vorgestellt. Ziel ist es dabei ein tiefgreifendes Verständnis der ausdifferenzierten radikal-rechten Strukturen, Strategien und Ideologien zu entwickeln, um demokratiefeindliche Akteur:innen und Ideologiefragmente besser erkennen und ihnen entgegentreten zu können. Durch die Verknüpfung von Problemdiagnosen und konkreten Handlungsperspektiven möchten wir auch dazu einladen, sich selbst verstärkt demokratisch zu engagieren.
Die letzten zwei Jahrzehnte brachten nicht nur die sozialdemokratischen Parteien weltweit in eine Krise, sondern auch die konservativen. Der Blick einiger wanderte angst- und neiderfüllt nach rechts, wo sich rechtsextreme Parteien und außerparlamentarische Akteur:innen mit rassistischen und kulturkämpferischen Themen etablieren konnten. Die Aneignung dieser Themen in Kombination mit einer neuen strategischen Ausrichtung führte zu dem, was Referentin Natascha Strobl als "radikalisierten Konservatismus".
In der Zeitepoche des aufsteigenden politischen Autoritarismus erleben wir beängstigende Prozesse, durch die der demokratische Rechtsstaat und der nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grundlage der Menschenrechte entstandene politische Konsens in immer mehr Ländern in Europa in Frage gestellt werden. Durch eine unheilige Allianz zwischen dem autoritären Rechtspopulismus und dem christlich- religiösen Fundamentalismus entstehen heftige Identitäts- und Geschlechterkämpfe, die die Vielfalt und Pluralität völlig ablehnen.
Das Grundgesetzt hat für Reichsbewegte und "Querdenkende" keine Gültigkeit - allerdings auch aus unterschiedlichen Motiven. Die Tendenz der Deligitimierung des Staats und zu Verschwörungsnarrativen haben beide Bewegungen jedoch gemein. Mehr noch, sie eint eine antimoderne Sehnsucht nach einer vermeintlich harmonischen Ursprünglichkeit - wo alles seinen festen Platz hat oder im natürlichen Einklang ist. Die Ablehnung von Aufklärung, Demokratie, Liberalismus und Humanismus beschränkt sich nicht auf das herkömmlich rechte Milieu, sie besitzt überdies eine lange Kontinuität im lternativ-bürgerlichen Milieu. In dem Vortrag hinterfragt Andreas Speit diese Weltbilder einer "gekränkten Freiheit", die sich emanzipatorisch gebärdet, aber rechtes Gedankengut verbreitet. Nicht ohne auch die Differenzen zu betonen.