Oft heißt es, der Ukraine-Krieg habe eine „neue Realität“ geschaffen. Tatsächlich jedoch nötigt er uns, die Realität des Krieges wahrzunehmen, die wir im westlichen Europa oft ausgeblendet haben – ganz anders als viele Menschen in anderen Regionen der Welt. Sie leiden unter gewaltsamen Konflikten und Kriegen, die bei uns kaum wahrgenommen werden. Daran hat auch der Ukraine-Krieg wenig geändert – eher im Gegenteil: Die tagtäglichen Bilder von Zerstörung, Leid und Tod aus der Ukraine lassen das Grauen des Krieges an anderen Orten noch weiter in den Hintergrund treten. Dabei stellen sich auch hier ähnliche Fragen:
Fragen dieser Art können nicht pauschal beantwortet werden, sondern bedürfen der eingehenden Analyse konkreter Konflikte und Kriege – nicht erst dann, wenn sie, wie im Ukraine-Krieg, durch eine räumliche Nähe oder wirtschaftliche Beeinträchtigungen zum Thema werden. Die Domberg-Akademie will daher in Fortführung der Angebote zum Saisonthema FRIEDEN KRIEGEN – Sind unsere Ideale noch realistisch? ausgewählte „vergessene Kriege“ in den Blick nehmen, sie ins Bewusstsein bringen und zu ihrer differenzierten Analyse beitragen, um auch Handlungsperspektiven westlicher Akteur:innen zu umreißen.
Zu diesem Zweck laden wir Wissenschaftler:innen mit einem Schwerpunkt in Friedens- und Konfliktforschung ein, Analysen, Überblicksartikel oder Whitepaper auf unserer Homepage zu veröffentlichen, um die vergessenen Kriege dieser Welt nicht aus dem Blick zu verlieren und die Debatten über friedensstiftende Handlungsperspektiven fortzuführen.
Falls Sie sich wissenschaftlich mit einem bestimmten Konflikt oder Krieg beschäftigen, sind Sie herzlich eingeladen, Ihre Analyse bei uns einzureichen. Infos dazu erhalten Sie bei Kai Kallbach, dem Projektleiter des Kompetenzzentrums Demokratie und Menschenwürde.
Von November 2020 bis November 2022 fand in Äthiopien in der Region Tigray ein Bürgerkrieg mit immensen Opferzahlen und diversen Kriegsverbrechen statt. Dennoch tauchte er in der internationalen Medienberichterstattung kaum auf. Hintergrund des Konflikts war ein Machtkampf zwischen der äthiopischen Regierung unter Präsident Abiy Ahmed und der Tigray People’s Liberation Front (TPLF), einer demokratisch-sozialistischen Partei, die sich in den 1970er-Jahren aus einer marxistisch-leninistischen Befreiungsbewegung entwickelt hatte. Die Folge dieses Machtkampfs war die Politisierung ethnischer Gruppen und schließlich ein Bürgerkrieg sowie eine humanitäre Katastrophe in der Region Tigray.
Dr. Felix S. Bethke geht näher auf diesen vergessenen Krieg und seine Folgen für die Menschen, aber auch für die Zukunft Äthiopiens ein.
Der aktuelle Krieg im Jemen wird oft als Stellvertreterkrieg beschrieben. Nahla El-Menshawy zeigt auf, dass der Konflikt aus einer Vielzahl vielschichtiger lokaler, nationaler und regionaler Machtkämpfe besteht, deren Wurzeln in längst vergangenen Ereignissen liegen. So wirken auch die jahrzehntelangen wirtschaftspolitischen Missstände und die historische Marginalisierung mehrerer Akteure in den aktuellen Konflikt hinein.
Die gegenwärtige politische Krise im Jemen begann mit dem Sturz des Autokraten Ali Abdullah Saleh im Jahr 2012, dessen Abgang das Land in eine Systemkrise trieb. Die darauffolgenden Gespräche zur Neustrukturierung des Landes scheiterten und spielten letztlich der Huthi-Miliz in die Hände. Mit der Intervention der saudisch-geführten Militärallianz in 2015 begann der anhaltende Krieg zwischen der international anerkannten Regierung und den Huthi-Rebellen. Erst so entwickelte sich der innerstaatliche auch zu einem geopolitischen Konflikt zwischen den Regionalmächten Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Iran mit weitreichenden Folgen für die Bevölkerung.
Beschäftigen Sie sich wissenschaftlich mit einem bestimmten Konflikt oder Krieg? Dann sind Sie herzlich eingeladen, Ihre Analyse bei uns einzureichen. Ihre Ansprechperson ist Kai Kallbach, Projektleiter des Kompetenzzentrums Demokratie und Menschenwürde. Jetzt per E-Mail kontaktieren